Discussion:
Aufführen derzeit nicht verlegter Werke
(zu alt für eine Antwort)
Marcus Roeckrath
2011-02-02 11:06:05 UTC
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Hallo,

aus aktuellem Anlass folgende Fragen:

Ein Werk des Komponisten Martin Grabert (gestorben 1951) ist derzeit
scheinbar nicht mehr im Druck verfügbar.

Es existiert eine alte Ausgabe von 1898 aus dem Verlag Schweers & Haake
(Bremen); der Verlag scheint aber nicht mehr zu existieren.

Wie kann man so etwas heute noch aufführen?

Ist die alte Ausgabe noch geschützt, oder kann sie kopiert werden? Wer
könnte darüber eine rechtsverbindliche Auskunft erteilen?

Die Gema ist doch dafür nicht zuständig, oder?

Die Gema kassiert ja sowieso für die Aufführung, da ja noch keine 70 Jahre
nach dem Tod vergangen sind.

Wer vertritt die Rechte der Verlage? Gibt es dafür auch eine Gesellschaft?
--
Gruss Marcus
Rene Gagnaux
2011-02-02 14:01:24 UTC
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On Wed, 02 Feb 2011 12:06:05 +0100, Marcus Roeckrath
Post by Marcus Roeckrath
Es existiert eine alte Ausgabe von 1898 aus dem Verlag Schweers & Haake
(Bremen); der Verlag scheint aber nicht mehr zu existieren.
Wie kann man so etwas heute noch aufführen?
Ist die alte Ausgabe noch geschützt, oder kann sie kopiert werden? Wer
könnte darüber eine rechtsverbindliche Auskunft erteilen?
Die Gema ist doch dafür nicht zuständig, oder?
Die Gema kassiert ja sowieso für die Aufführung, da ja noch keine 70 Jahre
nach dem Tod vergangen sind.
Wer vertritt die Rechte der Verlage? Gibt es dafür auch eine Gesellschaft?
Es ist eine Grauzone, soweit mir bekannt ist. Wenn man davon ausgeht, dass
es sich um die Kopie einer Veröffentlichung handelt, dann gilt "50 Jahren
nach Veröffentlichung", eine Kopie wäre also erlaubt, ohne irgendjemand
Rechte zahlen zu müssen. Aaaber... Manche gehen davon aus, dass mit einer
Kopie nicht die Veröffentlichung kopiert wird, sondern das Werk. Und dann
gilt eben "70 Jahre nach dem Tod" vom Komponist, eine Kopie der Partitur
ist also noch nicht frei... Derjenige gewinnt, der den besseren Anwalt
hat...

Salut
René
--
Die hier verwendete Absenderadresse könnte nur
kurzfristig existieren. Um mich sicher zu erreichen
bitte an ReneOnNews AT renegagnaux PUNKT ch schreiben.

http://www.renegagnaux.ch
Marcus Roeckrath
2011-02-02 14:24:45 UTC
Permalink
Hallo Rene,
Post by Rene Gagnaux
Post by Marcus Roeckrath
Es existiert eine alte Ausgabe von 1898 aus dem Verlag Schweers & Haake
(Bremen); der Verlag scheint aber nicht mehr zu existieren.
Wie kann man so etwas heute noch aufführen?
Es ist eine Grauzone, soweit mir bekannt ist. Wenn man davon ausgeht, dass
es sich um die Kopie einer Veröffentlichung handelt, dann gilt "50 Jahren
nach Veröffentlichung", eine Kopie wäre also erlaubt, ohne irgendjemand
Rechte zahlen zu müssen. Aaaber... Manche gehen davon aus, dass mit einer
Kopie nicht die Veröffentlichung kopiert wird, sondern das Werk. Und dann
gilt eben "70 Jahre nach dem Tod" vom Komponist, eine Kopie der Partitur
ist also noch nicht frei... Derjenige gewinnt, der den besseren Anwalt
hat...
Es besteht das Problem, dass man nicht herausbekommt, wer denn aktuell die
Rechte besitzt, dann könnte man sich ja direkt dort erkundigen und
eventuell eine Vereinbarung treffen.

Ich kann bisher niemanden finden der sich "zuständig" fühlt.

Die Gema sieht kein Problem für eine Aufführung, aber sie hat ja auch mit
dem Notenmaterial direkt nichts zu tun. Da es sich um ein Kirchenkonzert
handelt, sind die Gema-Gebühren durch den Pauschalvertrag gedeckt.

Bleibt die VG-Musikeditionen, die mir eben die Auskunft gaben, dass man dann
kopieren darf, wenn ein Werk vergriffen ist, wobei antiquarisch erhältliche
Noten nicht als vergriffen gelten.

Bliebe nachzuforschen, ob man antiquarisch noch genügend Exemplare
auftreiben kann; eine Internetrecherche bei verschiedenen
Musik-Antiquariaten war aber erfolglos.

Wenn man sie dennoch findet, wäre es natürlich unsinnig für wenige Seiten
eine Chormotette antiquarische Utopiepreise zu bezahlen.
--
Gruss Marcus
Rene Gagnaux
2011-02-02 15:40:26 UTC
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On Wed, 02 Feb 2011 15:24:45 +0100, Marcus Roeckrath
Post by Marcus Roeckrath
Post by Rene Gagnaux
Rechte zahlen zu müssen. Aaaber... Manche gehen davon aus, dass mit einer
Kopie nicht die Veröffentlichung kopiert wird, sondern das Werk. Und dann
gilt eben "70 Jahre nach dem Tod" vom Komponist, eine Kopie der Partitur
ist also noch nicht frei... Derjenige gewinnt, der den besseren Anwalt
hat...
Es besteht das Problem, dass man nicht herausbekommt, wer denn aktuell die
Rechte besitzt, dann könnte man sich ja direkt dort erkundigen und
eventuell eine Vereinbarung treffen.
Ich kann bisher niemanden finden der sich "zuständig" fühlt.
Die Gema sieht kein Problem für eine Aufführung, aber sie hat ja auch mit
dem Notenmaterial direkt nichts zu tun. Da es sich um ein Kirchenkonzert
handelt, sind die Gema-Gebühren durch den Pauschalvertrag gedeckt.
In diesem Fall würde ich die Auffassung vertreten, dass allfällige Rechte
auf Kopien der Partitur mit diesem Pauschalvertrag gedeckt sind, denn die
Kopien der Partitur werden ja nicht weiterverkauft, sondern eben für diese
Aufführung(en) verwendet.

Salut
René
--
Adresse à laquelle on peut toujours m'atteindre:
reneonnews<aroba>renegagnaux<point>ch

http://www.renegagnaux.ch
Florian Weimer
2011-02-02 18:39:40 UTC
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Post by Marcus Roeckrath
Wenn man sie dennoch findet, wäre es natürlich unsinnig für wenige Seiten
eine Chormotette antiquarische Utopiepreise zu bezahlen.
Wenn es nur wenige Seiten sind, könntest Du vielleicht von der GEMA
die Erben des Komponisten herausbekommen und von denen eine Erlaubnis
zum Neusatz bekommen.
Erhard Schwenk
2011-02-04 00:52:09 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Wenn man sie dennoch findet, wäre es natürlich unsinnig für wenige Seiten
eine Chormotette antiquarische Utopiepreise zu bezahlen.
Wenn es nur wenige Seiten sind, könntest Du vielleicht von der GEMA
die Erben des Komponisten herausbekommen und von denen eine Erlaubnis
zum Neusatz bekommen.
Oder einfach eine Vervielfältigungsgenehmigung für die benötigte Anzahl
an Exemplaren erwerben.
--
Erhard Schwenk

Akkordeonjugend Baden-Württemberg - http://www.akkordeonjugend.de/
APAYA running System - http://www.apaya.net/
Marcus Roeckrath
2011-02-04 07:31:12 UTC
Permalink
Hallo Erhard,
Post by Erhard Schwenk
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Wenn man sie dennoch findet, wäre es natürlich unsinnig für wenige
Seiten eine Chormotette antiquarische Utopiepreise zu bezahlen.
Wenn es nur wenige Seiten sind, könntest Du vielleicht von der GEMA
die Erben des Komponisten herausbekommen und von denen eine Erlaubnis
zum Neusatz bekommen.
Oder einfach eine Vervielfältigungsgenehmigung für die benötigte Anzahl
an Exemplaren erwerben.
Dazu muss man erstmal rausbekommen, wer denn die Erben sind; die GEMA und
die VG Musikeditionen konnte mir da nicht weiterhelfen.

Nun habe ich doch noch nach - langer Recherche und ziemlich zufällig - den
Verlag gefunden, der möglicherweise die Rechte an der Erstausgabe hat; eine
Anfrage läuft noch.

Der Rechte des Ursprungsverlages Schweers & Haake aus Bremen könnten nun bei
Eres Edition aus Lilienthal (bei Bremen) liegen.

Mal sehen, ob dieser noch Noten der Erstausgabe auf Lager hat bzw. eine
Kopiererlaubnis erteilt.
--
Gruss Marcus
Florian Weimer
2011-02-04 20:02:17 UTC
Permalink
Post by Marcus Roeckrath
Post by Erhard Schwenk
Oder einfach eine Vervielfältigungsgenehmigung für die benötigte Anzahl
an Exemplaren erwerben.
Dazu muss man erstmal rausbekommen, wer denn die Erben sind; die GEMA und
die VG Musikeditionen konnte mir da nicht weiterhelfen.
Und an wen schütten sie den Gebührenanteil aus? Das erscheint mir doch
etwas fragwürdig.
Post by Marcus Roeckrath
Mal sehen, ob dieser noch Noten der Erstausgabe auf Lager hat bzw. eine
Kopiererlaubnis erteilt.
Reicht das? Die Rechte an der Musik selbst hat er ja wohl nicht
erworben.
Marcus Roeckrath
2011-02-04 20:21:37 UTC
Permalink
Hallo Florian,
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Post by Erhard Schwenk
Oder einfach eine Vervielfältigungsgenehmigung für die benötigte Anzahl
an Exemplaren erwerben.
Dazu muss man erstmal rausbekommen, wer denn die Erben sind; die GEMA und
die VG Musikeditionen konnte mir da nicht weiterhelfen.
Und an wen schütten sie den Gebührenanteil aus? Das erscheint mir doch
etwas fragwürdig.
Wohl garnicht.

Die Gema vertritt doch nur die in ihr organisierten Mitglieder; die Gema ist
ja Pflichtverein. Das bedeutet ja nicht, dass die Werke der nicht
organisierten Urheber damit Freiwild sind.

Dann stehe ich als Aufführungswilliger vor dem Problem mich mit dem Urheber
direkt auseinandersetzen zu müssen.
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Mal sehen, ob dieser noch Noten der Erstausgabe auf Lager hat bzw. eine
Kopiererlaubnis erteilt.
Reicht das? Die Rechte an der Musik selbst hat er ja wohl nicht
erworben.
Wenn ich mir dort die Noten der Erstausgabe in der notwendigen Chorstärke
besorgen kann?

Oder muss ich mich dann noch um das Aufführungsrecht kümmern?

Dann ist das Projekt gestorben, dass ist der notwendige Recherche- und
Zeitaufwand nicht wert, dafür ist das Werk von der Qualität her dann doch
nicht gut genug.

Aber wir nehmen in unsere Chorprogramme auch immer wieder unbekanntere Werke
und Komponisten auf.
--
Gruss Marcus
Florian Weimer
2011-02-04 21:19:20 UTC
Permalink
Post by Marcus Roeckrath
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Mal sehen, ob dieser noch Noten der Erstausgabe auf Lager hat bzw. eine
Kopiererlaubnis erteilt.
Reicht das? Die Rechte an der Musik selbst hat er ja wohl nicht
erworben.
Wenn ich mir dort die Noten der Erstausgabe in der notwendigen
Chorstärke besorgen kann?
Das bezog sich auf die Kopieerlaubnis. Die Rechte an dem Notenstich
mag er halten, nicht jedoch die an den Noten selbst.
Post by Marcus Roeckrath
Oder muss ich mich dann noch um das Aufführungsrecht kümmern?
Wenn der Komponist nicht GEMA-Mitglied ist, kannst Du durch Zahlung an
die GEMA nicht Rechtssicherheit erlangen.
Post by Marcus Roeckrath
Dann ist das Projekt gestorben, dass ist der notwendige Recherche-
und Zeitaufwand nicht wert, dafür ist das Werk von der Qualität her
dann doch nicht gut genug.
Oder Du nimmst das Restrisiko einfach in Kauf.
Renate Waigel
2011-02-08 09:09:11 UTC
Permalink
Post by Florian Weimer
Post by Marcus Roeckrath
Dann ist das Projekt gestorben, dass ist der notwendige Recherche-
und Zeitaufwand nicht wert, dafür ist das Werk von der Qualität her
dann doch nicht gut genug.
Oder Du nimmst das Restrisiko einfach in Kauf.
Eben, die "Erben" dürften sich wohl eher über die Wiederbelebung des
Vergessenen erfreuen, sollte sie denn überhaupt von der Aufführung
erfahren.
Marcus Roeckrath
2011-02-10 06:56:33 UTC
Permalink
Hallo,
Post by Marcus Roeckrath
Nun habe ich doch noch nach - langer Recherche und ziemlich zufällig - den
Verlag gefunden, der möglicherweise die Rechte an der Erstausgabe hat;
eine Anfrage läuft noch.
Der Rechte des Ursprungsverlages Schweers & Haake aus Bremen könnten nun
bei Eres Edition aus Lilienthal (bei Bremen) liegen.
Sie haben nicht mal mehr ein Exemplar im Archiv; große Teile des Archivs
sind im Krieg abgebrannt.
--
Gruss Marcus
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