Discussion:
Welche Symphonie als Beispiel für Sonatensatzform?
(zu alt für eine Antwort)
Günter Thaler
2005-03-27 17:31:13 UTC
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Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.

Des Weiteren soll der erste Satz auch viel hergeben, was motivische
Arbeit angeht.

Ich denke an eine Mozart-Symphonie (vielleicht Jupiter) oder an eine
Beethoven-Symphonie.

Tschaikowsky 5 würde ihm aber besser gefallen, denke ich. Welche
Symphonie würdet ihr empfehlen? Ich hab die Werke nie systematisch
durchanalysiert, und die Sonatensatzform selbst könnte man ja fast
anhand beliebiger Beispiele erläutern.

Ich würde daher gern wissen, ob es besonders geeignete Werke gibt.

Danke im Voraus.

lg

Günter
Beat Bucher
2005-03-27 17:51:42 UTC
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Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
http://www.klavierunterricht-wiesbaden.de/noten/bernstein/sonatenform01.html

bietet die Jupiter Symphonie von WAMozart.

Gruss: Beat
--
"Gehe zu denen, die die Wahrheit suchen! Aber hüte dich vor denen, die
sie haben!" (Marie von Ebner-Eschenbach)

Lohnt immer: http://www.wissen-schaffen.ch
Dieter Göbel
2005-03-27 18:02:03 UTC
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Post by Beat Bucher
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
http://www.klavierunterricht-wiesbaden.de/noten/bernstein/sonatenform01.html
bietet die Jupiter Symphonie von WAMozart.
Hallo Beat,

wobei der letzte Satz äußerst kompliziert ist und ganz und gar nicht einem
typischen Finale entspricht;-)
Es gibt Leute, die über dieses Finale eine Doktorarbeit geschrieben haben.

Viele Grüße
Dieter
Johannes Roehl
2005-03-27 18:45:25 UTC
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Post by Dieter Göbel
Post by Beat Bucher
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
http://www.klavierunterricht-wiesbaden.de/noten/bernstein/sonatenform01.html
bietet die Jupiter Symphonie von WAMozart.
wobei der letzte Satz äußerst kompliziert ist und ganz und gar nicht einem
typischen Finale entspricht;-)
Es gibt Leute, die über dieses Finale eine Doktorarbeit geschrieben haben.
es gibt vermutlich kaum einen Satz von Mozarts und Beethovens Werken,
über den noch keine Doktorarbeit geschrieben wurde ;-)

viele Grüße

JR
John Strieder
2005-03-27 20:47:51 UTC
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Post by Johannes Roehl
Post by Dieter Göbel
wobei der letzte Satz äußerst kompliziert ist und ganz und gar nicht einem
typischen Finale entspricht;-)
Es gibt Leute, die über dieses Finale eine Doktorarbeit geschrieben haben.
es gibt vermutlich kaum einen Satz von Mozarts und Beethovens Werken,
über den noch keine Doktorarbeit geschrieben wurde ;-)
Es gibt vermutlich keinen Quatsch, über den nicht schon eine
Doktorarbeit geschrieben wurde ...
Dieter Göbel
2005-03-27 21:02:19 UTC
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Post by Johannes Roehl
Post by Dieter Göbel
Post by Beat Bucher
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im
ersten Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
http://www.klavierunterricht-wiesbaden.de/noten/bernstein/sonatenform01.html
bietet die Jupiter Symphonie von WAMozart.
wobei der letzte Satz äußerst kompliziert ist und ganz und gar nicht
einem typischen Finale entspricht;-)
Es gibt Leute, die über dieses Finale eine Doktorarbeit geschrieben haben.
es gibt vermutlich kaum einen Satz von Mozarts und Beethovens Werken,
über den noch keine Doktorarbeit geschrieben wurde ;-)
Hallo Johannes,

was aber nichts daran ändert, dass der Schlusssatz von KV 551 völlig anders
ist als die üblichen Finale.
Jeder, der die Noten davon vor sich hat, wird das bestätigen.

Viele Grüße
Dieter
Johannes Roehl
2005-03-27 21:29:16 UTC
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Post by Dieter Göbel
Post by Johannes Roehl
Post by Dieter Göbel
Post by Beat Bucher
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im
ersten Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
http://www.klavierunterricht-wiesbaden.de/noten/bernstein/sonatenform01.html
bietet die Jupiter Symphonie von WAMozart.
wobei der letzte Satz äußerst kompliziert ist und ganz und gar nicht
einem typischen Finale entspricht;-)
Es gibt Leute, die über dieses Finale eine Doktorarbeit geschrieben haben.
es gibt vermutlich kaum einen Satz von Mozarts und Beethovens Werken,
über den noch keine Doktorarbeit geschrieben wurde ;-)
was aber nichts daran ändert, dass der Schlusssatz von KV 551 völlig anders
ist als die üblichen Finale.
Jeder, der die Noten davon vor sich hat, wird das bestätigen.
Was ist ein übliches Finale?
Das das Finale von KV 551 eines der grossartigsten Stücke der Literatur
ist wird kaum jemand bestreiten (ehrlich gesagt finde ich den Rest der
Sinfonie nicht annähernd auf diesem Level...).
Es ist allerdings nicht ohne Vorgänger (z.B. Haydn Sinfonie Nr. 70,
etliche Quartette; Mozart Quartett K 387, Klavierkonzerte K 175 (!), K
459) und Nachfolger (Haydns Finali der Sinfonien 95 und 103 scheinen
direkt auf Mozarts Satz bezogen zu sein, recht ausführliche fugierte
Abschnitte finden sich auch in anderen späten Haydn-Sinfonien, z.B. 99,
100 und 101; Beethoven Quartett op. 59,3 und vielleicht auch die beiden
fugierten Finali, die noch einen draufssetzen, in op.106 und op. 130/133)
Das Anfangsmotiv des Jupiterfinales taucht übrigens auch schon vorher
mehrfach bei Mozart auf, z.b. in der Sinfonie #33.
Der Satz ist daher, obgleich ein Höhepunkt einer bestimmten Finalform
nicht "völlig anders" (wie vielleicht das adagio-finale in Tschaikowskis
6.) als sein Umfeld.
(Es ging ja wohl hauptsächlich um die Kopfsätze, da ist KV 551 sicher
ein gutes Bsp. mit klarer Gliederung)

viele Grüße

JR
Dieter Göbel
2005-03-28 07:04:14 UTC
Permalink
Post by Johannes Roehl
Post by Dieter Göbel
was aber nichts daran ändert, dass der Schlusssatz von KV 551 völlig
anders ist als die üblichen Finale.
Jeder, der die Noten davon vor sich hat, wird das bestätigen.
Was ist ein übliches Finale?
Das das Finale von KV 551 eines der grossartigsten Stücke der
Literatur ist wird kaum jemand bestreiten (ehrlich gesagt finde ich
den Rest der Sinfonie nicht annähernd auf diesem Level...).
Hallo Johannes,

kann ich nicht nachvollziehen;-)
Post by Johannes Roehl
Es ist allerdings nicht ohne Vorgänger (z.B. Haydn Sinfonie Nr. 70,
etliche Quartette; Mozart Quartett K 387, Klavierkonzerte K 175 (!), K
459)
Um bei den Klavierkonzerten(sozusagen auch dem Kopf): KV 449, 453, 482, 491,
aber wir sind bereits bei den Konzerten;-)
Post by Johannes Roehl
Der Satz ist daher, obgleich ein Höhepunkt einer bestimmten Finalform
nicht "völlig anders" (wie vielleicht das adagio-finale in
Tschaikowskis 6.) als sein Umfeld.
Ja, das sehe ich auch so.
Post by Johannes Roehl
(Es ging ja wohl hauptsächlich um die Kopfsätze, da ist KV 551 sicher
ein gutes Bsp. mit klarer Gliederung)
Das hatte ich nicht genau gelesen: Es geht offenbar um die Sonatenform. Da
gibt es ne Menge Sinfonien, die sehr klar im Aufbau sind.
Man kann aber auch eine Klaviersonate nehmen: KV 545(facile). Da kann man
sogar Takt für Takt alles genau aufteilen. Und dabei zuhören, wie genial auf
engstem Raum die Sonatenform entwickelt werden kann.

Viele Grüße
Dieter
Christian Köhn
2005-03-28 07:46:19 UTC
Permalink
Post by Dieter Göbel
Man kann aber auch eine Klaviersonate nehmen: KV 545(facile). Da kann man
sogar Takt für Takt alles genau aufteilen. Und dabei zuhören, wie genial auf
engstem Raum die Sonatenform entwickelt werden kann.
...und dabei gleich schön feststellen, dass das in der Schule gelehrte
Formschema auch hier nicht eingehalten wird: Die Reprise beginnt in der
Subdominante F-Dur statt in der Tonika C-Dur.

Viele Grüße,

Christian
--
Wenn's denkst, ist's eh zu spät. (Gerd Müller)
Karsten Hens
2005-03-28 17:58:21 UTC
Permalink
Post by Dieter Göbel
Man kann aber auch eine Klaviersonate nehmen: KV 545(facile). Da kann man
sogar Takt für Takt alles genau aufteilen. Und dabei zuhören, wie genial
auf engstem Raum die Sonatenform entwickelt werden kann.
Auf engstem Raum? Der unglaubliche Haydn ist in dieser Hinsicht
rekordverdächtig mit seiner noch als Divertimento apostrophierten
Klaviersonate Hob. XVI:8. Sie enthält auf 3 Druckseiten 4 vollständige
Sonatensätze. Der erste Satz, ein Sonatensatz par excellence, mißt gerade
mal 44 Takte, sogar mit Coda! Erwartet man eine 8-taktige Periode für das
erste Thema und ein ausgewogenes Gleichgewicht aller Formteile, dann dürfte
es schwer sein, einen kompakteren Sonatensatz zu finden!

Aber vielleicht irre ich mich ja...!

Viele Grüße

Karsten
--
Karsten Hens
Wenn Worte reden könnten...
Günter Thaler
2005-03-28 20:10:22 UTC
Permalink
Der unglaubliche Haydn ist in dieser Hinsicht
Post by Karsten Hens
rekordverdächtig mit seiner noch als Divertimento apostrophierten
Klaviersonate Hob. XVI:8.[...] Erwartet man eine 8-taktige Periode für das
erste Thema und ein ausgewogenes Gleichgewicht aller Formteile, dann dürfte
es schwer sein, einen kompakteren Sonatensatz zu finden!
Danke!

Günter
Manfred Russ
2005-03-30 21:34:16 UTC
Permalink
Mon, 28 Mar 2005 19:58:21 +0200 Karsten Hens schrieb:

[> Dieter Göbel]
Post by Karsten Hens
Post by Dieter Göbel
Man kann aber auch eine Klaviersonate nehmen: KV 545(facile).
Diese Sonate bietet einiges Typische, aber auch viel Untypisches.
Schaust Du Dir die Literatur dazu an, wird Dir unausweichlich die
Information entgegenflattern, daß hier - Sensation! - als große Ausnahme
Mozart den staunenswerten Geniestreich begeht, die Reprise in der
Subdominante anzusetzen.
Wenn's ganz dicke kommt, wird evtl. die Erklärung nachgeschoben (wie oft
auch in parallelen Fällen bei Schubert), das sei ungemein praktisch,
denn nun könne der Modulationsplan genau wie in der Exposition ablaufen,
da er (Mozart) am Modulationsverlauf nix ändern müsse.

Und dann schaut man in die Noten:
Ja, die Reprise hebt in F-Dur (statt C-Dur) an; dann aber *ändert* da
Mozart was am Modulationsverlauf, und er landet - wie in der Exposition!
- auf einem Halbschluß auf G. Die Exposition deutet das um als neue
Grundtonart, in welcher nun der Seitensatz einsetzt, die Reprise läßt
Halbschluß Halbschluß sein und macht in C-Dur weiter. Das ist alles.
Post by Karsten Hens
Auf engstem Raum? Der unglaubliche Haydn ist in dieser Hinsicht
rekordverdächtig mit seiner noch als Divertimento apostrophierten
Klaviersonate Hob. XVI:8. Sie enthält auf 3 Druckseiten 4 vollständige
Sonatensätze.
Nunja, es _ist_ eben ein Divertimento, zumindest im Vorwurf, auffällig
untypisch, gerade im Vergleich mit den im gleichen Zeitraum entstandenen
Sonaten. Insofern ist die Behandlung mit Mitteln der
Sonatenhauptsatzform nicht unbedingt aussagekräftig.



Manfred
Christian Köhn
2005-03-31 08:45:42 UTC
Permalink
Post by Manfred Russ
Post by Dieter Göbel
Man kann aber auch eine Klaviersonate nehmen: KV 545(facile).
Diese Sonate bietet einiges Typische, aber auch viel Untypisches.
Schaust Du Dir die Literatur dazu an, wird Dir unausweichlich die
Information entgegenflattern, daß hier - Sensation! - als große Ausnahme
Mozart den staunenswerten Geniestreich begeht, die Reprise in der
Subdominante anzusetzen.
Wenn's ganz dicke kommt, wird evtl. die Erklärung nachgeschoben (wie oft
auch in parallelen Fällen bei Schubert), das sei ungemein praktisch,
denn nun könne der Modulationsplan genau wie in der Exposition ablaufen,
da er (Mozart) am Modulationsverlauf nix ändern müsse.
Bei Schubert wird das häufig auch wohl deshalb behauptet, weil er bei
manchen unvollendeten Sonaten mit dem Einsatz dieser Subdominant-Reprise
aufgehört hat, so als sei ja ab da alles klar. Was auch immer im Einzelnen
die Gründe sein mögen: Kompositorische "Faulheit" dürfte es wohl weder bei
Mozart noch bei Schubert gewesen sein ;-).
Post by Manfred Russ
Ja, die Reprise hebt in F-Dur (statt C-Dur) an; dann aber *ändert* da
Mozart was am Modulationsverlauf, und er landet - wie in der Exposition!
- auf einem Halbschluß auf G. Die Exposition deutet das um als neue
Grundtonart, in welcher nun der Seitensatz einsetzt, die Reprise läßt
Halbschluß Halbschluß sein und macht in C-Dur weiter. Das ist alles.
Eine der tollsten Feinheiten in den Klaviersonaten. Beim ersten Mal _meint_
man, einen Halbschluss zu hören, der sich dann aber durch die Fortsetzung
als Grundtonart erweist, beim zweiten Mal glaubt man wegen dieser
Erfahrung in der Grundtonart zu sein, die sich dann aber in der
Fortsetzung als Dominante entpuppt. Das Ganze wirkt aber im Ablauf nicht
etwa im Haydnschen Sinne überraschend oder gar witzig sondern ganz logisch
und natürlich folgerichtig, so als könne es gar nicht anders sein.

Viele Grüße,

Christian
--
"Ossis" war politisch noch nie korrekt, "Westpolen" ist der passende
Ausdruck. (Jürgen Schmadlak in dcs4-d)
Manfred Russ
2005-03-31 21:46:19 UTC
Permalink
[Subdominant-Reprisen]
Post by Christian Köhn
Bei Schubert wird das häufig auch wohl deshalb behauptet, weil er bei
manchen unvollendeten Sonaten mit dem Einsatz dieser Subdominant-Reprise
aufgehört hat, so als sei ja ab da alles klar.
Das trifft auf all die Skizzen zu, die bei Repriseneintritt abbrechen.
Gar nix klar ist übrigens, wenn das Ding in Moll steht. D 625 z.B.
Post by Christian Köhn
Was auch immer im Einzelnen
die Gründe sein mögen: Kompositorische "Faulheit" dürfte es wohl weder bei
Mozart noch bei Schubert gewesen sein ;-).
Nein. Ich kenne grad mal zwei Werke Schuberts (zumindest fallen mir ad
hoc nur diese ein), in denen die (Subdominant)reprise notengetreu wie in
der Exposition abläuft: Die C-Dur-Sonate D 279 und der 1. Satz des
Forellenquintetts.
Post by Christian Köhn
Post by Manfred Russ
Ja, die Reprise hebt in F-Dur (statt C-Dur) an; dann aber *ändert* da
Mozart was am Modulationsverlauf, und er landet - wie in der Exposition!
- auf einem Halbschluß auf G. Die Exposition deutet das um als neue
Grundtonart, in welcher nun der Seitensatz einsetzt, die Reprise läßt
Halbschluß Halbschluß sein und macht in C-Dur weiter. Das ist alles.
Eine der tollsten Feinheiten in den Klaviersonaten. Beim ersten Mal _meint_
man, einen Halbschluss zu hören,
Es ist durchaus einer.
Post by Christian Köhn
der sich dann aber durch die Fortsetzung
als Grundtonart erweist, beim zweiten Mal glaubt man wegen dieser
Erfahrung in der Grundtonart zu sein, die sich dann aber in der
Fortsetzung als Dominante entpuppt. Das Ganze wirkt aber im Ablauf nicht
etwa im Haydnschen Sinne überraschend oder gar witzig sondern ganz logisch
und natürlich folgerichtig, so als könne es gar nicht anders sein.
Genau das war's, was ich damit sagen wollte.


Manfred
--
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Christian Köhn
2005-03-28 08:21:13 UTC
Permalink
[Finale von KV 551]
Es ist allerdings nicht ohne Vorgänger (z.B. Haydn Sinfonie Nr. 70,
etliche Quartette; Mozart Quartett K 387, Klavierkonzerte K 175 (!), K
459) und Nachfolger (Haydns Finali der Sinfonien 95 und 103 scheinen
direkt auf Mozarts Satz bezogen zu sein, recht ausführliche fugierte
Abschnitte finden sich auch in anderen späten Haydn-Sinfonien, z.B. 99,
100 und 101; Beethoven Quartett op. 59,3 und vielleicht auch die beiden
fugierten Finali, die noch einen draufssetzen, in op.106 und op. 130/133)
Solche Sätze unterscheiden sich aber strukturell vom "Jupiter"-Finale doch
sehr stark: Letzteres ist ja gerade _keine_ Fuge sondern entwickelt fünf
(IIRC) Themen polyphon (mit dem Höhepunkt der Coda), wobei die Themen
nacheinander eingeführt und sofort kontrapunktisch verwirbelt werden, so
dass m.E. insgesamt eher der Eindruck einer überschäumenden, vitalen
Fantasie als der einer strengen Konsequenz entsteht. Zwar ist z.B. das
Finale von op. 106 auch "con alcune licenze", also mit einiger Freiheit,
aber sein Aufbau folgt mit der Beschränkung auf zunächst ein, dann ein
zweites aber motivisch verwandtes Thema doch dem bekannten Fugen-Schema,
und die sieben Abschnitte führen ganz folgerichtig nacheinander die
verschiedenen Erscheinungsformen auf (erstes Thema, Vergrößerung, Krebs,
Umkehrung, zweites Thema, beide Themen, Coda). Das Jupiter-Finale erinnert
mich eher an einen Jongleur, der nacheinander immer noch mehr Bälle in die
Luft wirft und die tollsten Kunststücke vorführt, während sein Nachbar in
op. 106 zeigt, was mit der Beschränkung auf einen großen und einen
zusätzlichen kleinen Ball so alles möglich ist ;-).

Viele Grüße,

Christian
--
Das größte Vergnügen aller Geizhälse besteht darin, sich ein Vergnügen zu
versagen. (Gottfried Benn)
Johannes Roehl
2005-03-27 18:39:55 UTC
Permalink
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
Des Weiteren soll der erste Satz auch viel hergeben, was motivische
Arbeit angeht.
Ich denke an eine Mozart-Symphonie (vielleicht Jupiter) oder an eine
Beethoven-Symphonie.
Würde ich auch vorschlagen. Das Problem ist, dass in der Schule immer
der Eindruck entsteht, eine Sonatenform sei ein Schema. Bei einigen
Komponisten des 19. Jhds. stimmt das auch, aber bei Haydn, Mozart und
Bethoven ist sie kein äußerliches Schema, sondern eine dynamische Struktur.
Die Kopfsätze von Beethovens 1. 5. und 6. sind IMO alle sehr gut
geeignet (5. und 6. sind natürlich im weitern Verlauf nicht sehr
"standardisiert"). Die einzelnen Abschnitte sind sehr deutlich
erkennbar, auch mit nur mäßiger Hörerfahrung und/oder ohne Partitur.
ebenso Mozart g-moll (#40) oder Jupiter (letztere hat das eingängigstes
Thema in der Schlussgruppe, soviel zur Textbuchbehauptung, eine Sonate
habe zwei gegensätzliche Themen.
Von Haydn vielleicht die sehr orginelle #103 (mit Einbindung der
langsamen Einleitung im Kopfsatz)
Oder eine Klaviersonate. Zu meiner Schulzeit hatten wie Beethovens
op.2,1i. Auch super klar, allerdings sehr konzentriert und knapp, ohne
Noten kann man leicht was überhören.
Von Eroica, i würde ich zum Anfang abraten...;-)
Post by Günter Thaler
Ich würde daher gern wissen, ob es besonders geeignete Werke gibt.
Hier wurde unlängst die bei Naxos erscheinende Reihe mit Einfürhungen
unter Mitwirkugn von Stefan Schaub diskutiert. Die CD, die ich habe, ist
nicht schlecht, wenn auch etwas Mozartlastig (u.a. g-moll, i)

http://tinyurl.com/46yft

HTH

JR
Harald Schollmeyer
2005-03-27 20:09:33 UTC
Permalink
Hallo,
Post by Johannes Roehl
Bei einigen
Komponisten des 19. Jhds. stimmt das auch, aber bei Haydn, Mozart und
Bethoven ist sie kein äußerliches Schema, sondern eine dynamische Struktur.
Das betont auch Charles Rosen im Standardwerk "Der klassische Stil",
siehe http://www.opus4.de/kunst/charles_rosen_klassik.html .
Ein sehr lesenswertes Buch zum Thema.

Harald
Manfred Russ
2005-03-30 21:34:28 UTC
Permalink
Post by Günter Thaler
Mein Neffe will es genau wissen und hat mich gebeten, mit ihm eine
"typische" Symphonie durchzugehen, in welcher exemplarisch im ersten
Satz die Sonatensatzform realisiert ist.
Des Weiteren soll der erste Satz auch viel hergeben, was motivische
Arbeit angeht.
Beides zusammen, ohne irritierende "Ausnahmen", ist nicht ganz einfach.
Post by Günter Thaler
Ich denke an eine Mozart-Symphonie (vielleicht Jupiter) oder an eine
Beethoven-Symphonie.
Bei Beethvons Erster haben wir den Fall, daß er die - eigentlich
tyoische - Rückführung zur Reprise über eine relativ prägnant
ausformulierte Dominante verweigert. Dann schon eher die Zweite (h was
hat die eigentlich an haken und Ösen?) Die Dritte auf keinen Fall; der
Vierten kommt man mit Mitteln der Sonatensatzform nicht bei - zumindest
bleibt es ziemlich oberflächlich. Fünfte und Sechste sind komplexer, als
man beim ersten Hinhören glauben mag, die Siebente hat kein Seitenthema,
die Achte macht ganz seltsame Dinge mit Seitenthema und auch der
Reprise, und auch der Coda, Die Neunte bietet mehr Ausnahmen als
'Regelhaftiges'.
Die 'Jupiter': ja, was ist denn da das hauptthema? Und was soll der
Scherz mit dieser Fagottmelodie?

Als ich mal an klassischer Musik Interessierten dieses Thema nahebringen
solte, habe ich den ersten Satz aus Mozarts "Kleiner Nachtmusik"
gewählt. Das ist für mich der Inbegriff eines typischen Sonatensatzes
(Rondo und Menuett kann man da gleich mit erschlagen.) Man muß nur eben
wissen, daß man's mit einer Serenade zu tun hat, und daß Serenaden
gewöhnlich mit einem Marsch zu beginnen pflegen (hier: das berühmte
Unisono-Thema).
Post by Günter Thaler
Tschaikowsky 5 würde ihm aber besser gefallen, denke ich. Welche
Symphonie würdet ihr empfehlen?
Bei Tschaikowsky? Ohne Flachs: die Dritte.
Post by Günter Thaler
Ich würde daher gern wissen, ob es besonders geeignete Werke gibt.
Es kommt natürlich darauf an, wie alt der Neffe ist, was man ihm schon
zumuten kann und inwiefern Notenlektüre sinnvoll ist.


Manfred
--
Dieses Feld bitte nicht beschriften oder bestempeln
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