Manfred Russ schrieb am 02 Feb 2018
Post by Manfred RussPost by Beate GoebelWas ich
über den PC höre, scheint mir das eine recht überholte
Interpretation zu sein. Da ist man heute eigentlich weiter.
Es gibt ein Verfallsdatum für ästhetische Kategorien?
Ja. Bezüglich romantisierender "Freiheiten" hat IMHO schon Toscanini
Masstäbe gesetzt. Dann kam noch Gould, OK. Aber nach Harnoncourt
traut sich das nur noch ein Kurorchester.
Youtube hat ja die hier unvorteilhafte Möglichkeit, mit einem
weiteren Klick andere Interpretationen zu hören.
Ich kenne den Erlkönig ziemlich gut, Schubert aus eigenem Spiel, den
Gesang aus der Beobachtung guter Schulung (Fischer-Dieskau), so dass
ich mir hier zutraue, auch die Lisztversion ausreichend beurteilen zu
können, technisch und, aus den Intentionen der Komponisten,
musikalisch.
Berman und Richter, trotz historischem Material, haben den bekannten
zupackenden Ansatz, mir schon zu laut, aber man kann auch der
Gesangsstimme folgen. Es singt was.
Meinem Geschmack kommen Trifonow und besonders Perahia nahe. Sie
lassen den Flügel singen. Die Begleitung der wiederholten Triolen ist
eine Begleitung, der Elfenreigen tanzt darüber. Das Verführerische
ist hörbar.
Heißt, beide können mit der Dynamik und einem variablen Anschlag
umgehen und wissen, wann so was _kein_ Pedal verträgt, bzw. wann man
es heben muss.
Schliessmann poltert. Nicht nur nimmt er das Stück viel zu langsam,
es steht in Presto agitato. Er hat keine, oder nur eine Dynamik. Die
begleitenden Triolen sind alles was man hört, zugeschmiert mit Pedal.
OK, fängt Forte an, aber ab Takt 12 ist PP! Und das Pedal wird
taktweise(!) gehoben!
Und die Singsstimme habe ich nicht gehört, wird komplett zugedeckt.
Das ist eine Horde Pferde, aber wo ist der Erlkönig und wo sind seine
Töchter?
Nee, sorry, aber all das zeigt nur eine miserable Technik. Mag für
Sinding reichen, aber von Schubert sollte er die Finger lassen, Liszt
war da eh nicht erkennbar.
Nee, wirklich nicht. Clayderman kann besser, IMHO.
Beate
PS. Noten
http://www.klavier-noten.com/schubert/SchubertLiszt%20Erlkoenig.pdf
--
"Wer gibt einem eigentlich das Recht zum Plonken?"
[Dennis Fox in ger.ct]